Mercury-Redstone 4


Die Mission Mercury-Redstone 4 (MR-4) am 21. Juli 1961 war der zweite US-amerikanische Weltraumflug im Rahmen des Mercury-Programms. Das Erreichen der Erdumlaufbahn war bei dieser Mission noch nicht geplant, vielmehr wurde noch einmal ein suborbitaler Flug durchgeführt.

Der Start war zuerst für den 18. Juli vorgesehen, wurde aber wegen schlechten Wetters auf den 19. Juli verlegt. Zehn Minuten vor dem Ende des Countdowns wurde aber auch dieser Start abgesagt und um zwei Tage verschoben.

Schließlich hob die Redstone-Rakete mit Liberty Bell 7 an der Spitze am 21. Juli ab. Nach zwei Minuten und 22 Sekunden schaltete das Triebwerk ab, und das Raumschiff löste sich von der Redstone-Rakete. Die Geschwindigkeit betrug zu diesem Zeitpunkt 2 km/s. Für etwa fünf Minuten befand sich Grissom in der Schwerelosigkeit.

Grissom konnte das Raumschiff um mehrere Achsen drehen. Der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre erfolgte mit über 11g. Nach einem ballistischen Flug und Erreichen der Gipfelhöhe von 190 km, zündete das erste Mal ein Astronaut die Bremsraketen des Raumschiffs von Hand. Während des Niedergangs beobachtete Grissom Risse im Fallschirm, die sich jedoch nicht vergrößerten. Schließlich wasserte Liberty Bell 7 nach einem Flug von 15 Minuten und 37 Sekunden 486 km entfernt vom Startpunkt.

Bis zur Wasserung verlief der Flug ohne größere Probleme. Hubschrauber waren bereits zum Landeplatz geflogen, um den Astronauten an Bord zu nehmen sobald er die Landekapsel verlassen würde. Grissom war noch in der Kapsel, als der Sprengsatz der Luke ausgelöst wurde und Wasser in das Innere der Kapsel eindrang.

Grissom hatte bereits den Helm und die Sauerstoffleitungen abgenommen und konnte sich durch die offene Luke ins Meer retten. Wäre er noch angeschnallt gewesen, wäre er wahrscheinlich ertrunken.

Den beiden Piloten des Hubschraubers, der am dichtesten bei Liberty Bell 7 war, gelang es noch, die Landekapsel an den Haken zu nehmen. Sie wollten sich gerade Grissom zuwenden, um ihn an Bord zu holen, als eine Warnlampe im Cockpit auf eine Überlastung der Motoren hinwies. Daraufhin wurde ein zweiter Hubschrauber zu Grissom beordert.

Grissom hatte zuerst keine Mühe sich über Wasser zu halten, weil ihm die Luft im Raumanzug genügend Auftrieb gab. Diese Luft entwich aber nach und nach durch den Nackenwulst, außerdem strömte Wasser durch die Anschlüsse der Sauerstoffleitungen, so dass es für ihn immer schwieriger war zu schwimmen. Zusätzliches Gewicht hatte er auch dabei, da er etliche Souvenirs im linken Hosenbein seines Raumanzuges mit auf seinen Flug genommen hatte, unter anderem zwei Rollen 50-Cent-Stücke für die Kinder von Freunden, drei Dollarnoten, ein paar Miniaturmodelle des Raumschiffs und zwei Pilotenabzeichen. Zudem wurde Grissom durch die Wellen behindert, die der Rotorwind des zweiten Hubschraubers verursachte. Durch Winken der Arme versuchte er Hilfe von den Hubschraubern zu erhalten, die Besatzungen deuteten es aber erst als Grußwinken Grissoms und winkten ihm freundlich zurück.

Er konnte einen Rettungsgurt ergreifen, der ihm zugeworfen wurde, wobei die Halterung zum Bergen von Grissom in Panik und unter körperlicher Erschöpfung falsch herum angelegt worden war. Dann konnte Grissom an Bord geholt werden. Insgesamt hatte Grissom etwa vier Minuten im Wasser verbracht. Auf dem Weg im Hubschrauber zum Bergungsflugzeugträger legte er sofort eine Schwimmweste an, da er Angst hatte, dass er wieder im Wasser landen könnte, wenn der Hubschrauber Probleme gehabt hätte. An Bord des Flugzeugträgers überreichte ihm dann ein Offizier seinen Helm, der aus der sinkenden Kapsel heraus geschwommen sein musste und von der Besatzung eines Zerstörers geborgen worden war.

In der Zwischenzeit hatten die Piloten des ersten Hubschraubers alle Versuche aufgegeben, die Kapsel zu retten. Vollgelaufen wog sie mehr als die Maschine heben konnte, und es bestand die Gefahr, dass die Motoren überlastet würden. Schließlich versank Liberty Bell 7 im Atlantik auf eine Tiefe von 5.000 Metern.

Auch wenn die Liberty Bell verloren ging, hatte das Mercury-Raumschiff seine Flugfähigkeit unter Beweis gestellt. Weitere suborbitale Testflüge wurden gestrichen, der nächste Mercury-Flug sollte mit einer Atlas-Rakete in die Erdumlaufbahn führen, allerdings zuerst mit einem Affen als Besatzung.

Nach mehreren vergeblichen Versuchen 1992 und 1993 gelang am 20. Juli 1999, am dreißigsten Jahrestag der Mondlandung von Apollo 11 der Oceaneering International, Inc. die Bergung der Liberty Bell aus dem Atlantik. Im Cosmosphere (Hutchinson, Kansas) wurde die Kapsel demontiert und gereinigt und bis 15. September 2006 auf einer landesweiten Ausstellungsreise präsentiert.

Missionsdaten
Mission
Mercury-Redstone 3 (MR-3)
Trägerrakete
Redstone MRLV, MR-8
Nutzlast
Mercury Kapsel #11 „Liberty Bell 7“
Besatzung
Virgil I. Grissom
Start
21. Juli 1961
Startplatz
Startkomplex 5 (LC-5), Cape Canaveral, Florida
Flugdauer
15 min 37 sec
Erdumkreisungen
suborbitaler Flug
Bergungsschiff
USS Randolph
Apogäum
190 km
zurückgelegte Distanz
486 km
Maximale Geschwindigkeit
8317 km/h
Maximale Beschleunigung
11,1 g