Mercury-Redstone 2 (MR-2) war die Generalprobe für den ersten bemannten Raumflug (MR-3) der USA. An Bord war der Schimpanse Ham.
Bei MR-2 sollte erstmals das komplette Programm eines ballistischen Raumflugs mit einem Tier an Bord durchgeführt werden. Die Wahl fiel auf einen Schimpansen, weil diese Tiere in Körperbau und Reaktion dem Menschen am ähnlichsten sind.
Sechs Schimpansen wurden mehrere Wochen lang darauf trainiert, in Raumschiff-Attrappen bestimmte Hebel zu drücken. Reagierten sie richtig, wurden sie mit Bananen belohnt. Kam ihre Reaktion nicht rechtzeitig, erhielten sie leichte Elektroschocks.
Erst am Tag vor dem Flug wurden von den sechs Tieren zwei ausgewählt: das Männchen Ham als erste Wahl und das Weibchen Minnie als Reserve. Die Entscheidung wurde aufgrund medizinischer Untersuchungen und den Reaktionstest gefällt.
MR-2 war der erste Flug mit einem Lebewesen, der von Cape Canaveral startete. Somit mussten besondere Vorkehrungen getroffen werden, um das Raumschiff schnell und sicher zu bergen.
Im Falle eines Fehlstarts standen Amphibienfahrzeuge und Hubschrauber in der Nähe des Strandes bereit. In Küstennähe war das Hilfsschiff USS Opportune in Position. In der Gegend des geplanten Zielpunkts kreuzten sechs Zerstörer und ein Docklandungsschiff mit drei Hubschraubern an Bord. Falls die Kapsel weitab vom Ziel niedergehen sollte, konnten vier Aufklärungsflugzeuge vom Typ P2V aktiviert werden.
Am 31. Jänner 1961, fünf Minuten vor Mittag, hob die Redstone-Rakete ab. Schon nach einer Minute wurde eine leichte Kursabweichung registriert: die Rakete stieg um 1° zu steil, und die Differenz vergrößerte sich. Die Beschleunigung betrug 23g.
2 Minuten und 17 Sekunden nach dem Start, drei Sekunden früher als geplant, war der flüssige Sauerstoff aufgebraucht und das Triebwerk schaltete ab. Für Ham begannen sechs Minuten Schwerelosigkeit. Das Mercury-Raumschiff trennte sich von der Rakete. Dabei öffnete sich ein Druckausgleichsventil vorzeitig, und die Luft aus der Landekapsel entwich. Innerhalb kurzer Zeit sank der Druck auf ein Fünftel. Ham schwebte jedoch nicht in Gefahr, weil er sich in einer separaten Druckkapsel mit eigenem Versorgungssystem befand.
Als die Rettungsrakete abgesprengt wurde, lösten sich auch die Bremsraketen vorzeitig ab, was sich später beim Wiedereintritt mit einem geringeren Luftwiderstand bemerkbar machen sollte. Zu den automatischen Maßnahmen in dieser Flugphase gehörte auch eine Funkmeldung an die Bergungsflotte. Außerdem drehte sich das Raumschiff in die korrekte Lage.
Ham erledigte seine Aufgaben gut und drückte während des Fluges etwa 50 Mal die Hebel. Bordkameras, die Hams Reaktion auf die Schwerelosigkeit filmten, zeigten überraschend viel Staub und Trümmer, die während des Apogäums in der Kapsel herumschwebten.
Die Mercury-Kapsel wasserte nach einer Flugzeit von 16 min und 39 sec etwa 679 km von Cape Canaveral entfernt. Ein Funksender setzte sich automatisch in Betrieb, außerdem markierte grüner Farbstoff die Landestelle.
Als die Hubschrauber an der Landestelle ankamen, lag die Landekapsel auf der Seite und nahm Wasser auf. Beim Aufprall hatte der Hitzeschild den Kapselboden beschädigt und zwei Löcher in den Rumpf gerissen. Außerdem ließ das Druckausgleichsventil, das sich bereits vor der Wasserung geöffnet hatte, weiteres Wasser eindringen. Es bestand die Gefahr, dass die Kapsel versank und Ham ertrank.
Der Hubschrauberbesatzung gelang es, die Mercury-Kapsel zur USS Donner zu transportieren und an Deck abzusetzen. Als die Mercury-Kapsel geöffnet wurde, schien Ham in gutem Zustand zu sein und nahm bereitwillig einen Apfel und eine halbe Orange entgegen.
Die Meinungen über den Flug Mercury-Redstone 2 waren geteilt. Einerseits war der Flug ein Erfolg, weil Ham trotz einiger Probleme in den Weltraum geschossen und lebend geborgen werden konnte. Damit war die prinzipielle Durchführbarkeit eines suborbitalen Flugs mit einem Menschen an Bord bewiesen. Andererseits mussten die aufgetretenen Probleme genau untersucht werden, bevor beim nächsten Flug ein Mensch im Mercury-Raumschiff Platz nehmen sollte.
Gravierender waren die Mängel an der Redstone-Rakete, die bei beiden bisherigen Flügen vom geplanten Kurs abgewichen war. Aufgrund dieser Probleme galt die Redstone-Rakete als noch nicht bereit für einen menschlichen Passagier, der für Mercury-Redstone 3 geplant war. Daher wurde noch ein weiterer Mercury-Redstone Flug (Mercury-Redstone BD) durchgeführt.
Nach seinem Raumflug wurde Ham für 17 Jahre in den National Zoo in Washington, D.C. gebracht und dann 1981 in einen Zoo in North Carolina verlegt, um mit einer Kolonie anderer Schimpansen zusammenzuleben. Er starb am 19. Januar 1983 im Alter von 26 Jahren. Ham ist im New Mexico Museum of Space History in Alamogordo, New Mexico, begraben. Er war eines von vielen Tieren im Weltraum.
Hams Ersatzfrau Minnie war die einzige weibliche Schimpansin, die für das Mercury-Programm ausgebildet wurde. Nachdem ihre Rolle im Mercury-Programm endete, nahm Minnie an einem Schimpansen-Zuchtprogramm der Luftwaffe teil, brachte neun Nachkommen zur Welt und half bei der Aufzucht der Nachkommen mehrerer anderer Mitglieder der Schimpansenkolonie. Sie war der letzte überlebende Astro-Schimpanse. Sie starb am 14. März 1998 im Alter von 41 Jahren.
Missionsdaten |
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Mission |
Mercury-Redstone 2 (MR-2) |
Trägerrakete |
Redstone MRLV, MR-2 |
Nutzlast |
Mercury Kapsel #5, Schimpanse Ham |
Start |
31. Jänner 1961 |
Startplatz |
Startkomplex 5 (LC-5), Cape Canaveral, Florida |
Flugdauer |
16 min 39 sec |
Apogäum |
253 km |
zurückgelegte Distanz |
679 km |
Maximale Geschwindigkeit |
9.426 km/h |
Maximale Beschleunigung |
14,7 g |